Reisefieber
Reisefieber 2. Teil
http://www.lawrenceglatz.com/germ2110/reisefieber2.mp3
Erzählerin: Erich und Erika Mustermann haben bei der Fernsehshow „Reisefieber” eine Reise durch Deutschland gewonnen. Die Reise ist für eine Familie mit Kindern, aber die Mustermanns haben ein kleines Problem: Sie haben keine Kinder. Deshalb haben sie ihre Nachbarn eingeladen, ein junges, frischverheiratetes Paar: Horst und Marianne Schultz. Sie müssen in einer Woche acht verschiedene Orte in Deutschland besuchen. Und sie müssen selbst herausfinden, wie die Reise weitergehen soll.
Wenn sie in einer Woche alle Rätsel lösen und zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle sind, gewinnen sie den Hauptpreis bei „Reisefieber”. Ihre erste Aufgabe ist: Besuchen Sie den höchsten Berg in Deutschland, und essen Sie im Gipfelrestaurant.
Draußen,
belebte Straße
Erika: Schatzi, bist du fertig?
Erich: Fertiger geht's nicht!
Marianne: Na, dann los!
Horst: Herr Mustermann … Vorsicht, Kamera!
Erich: Bitte sag' Vati zu mir, ja? Besonders vor der Kamera! Jetzt mußt du den Film zurückspulen!
Horst: Vati? Ich kenne Sie doch nur eine Stunde!
Erika: Aber wir müssen uns daran gewöhnen, daß wir eine Familie sind! Sonst machen wir in der Sendung nächste Woche noch einen Fehler, und es gibt einen Skandal!
Marianne: Wohin geht denn die Reise?
Erika: Tja, das ist das Problem: Wir müssen auf den höchsten Berg in Deutschland.
Horst: Der höchste Berg
in Deutschland? Wo ist der? Im Schwarzwald?
Marianne: Nein! In den Alpen.
Erika: Natürlich! Jetzt weiß ich's! Das Matterhorn!
Marianne: Das Matterhorn ist 4.478 Meter hoch. Und in der Schweiz.
Erich: Wir müssen jemanden fragen. Oder wir brauchen einen Atlas. Oder ein Lexikon.
Marianne: Nicht nötig. Der höchste Berg in Deutschland ist die Zugspitze. 2.962 Meter hoch. Bei Garmisch-Partenkirchen, in Bayern.
Horst: Donnerwetter! Woher weißt du denn das alles?
Marianne: Tja, das habe ich in der Schule gelernt.
Horst: Komisch. In der Polizeischule lernt man so was nicht.
Übergangsmusik. Akustikwechsel: Bahnhofsgeräusche
Erich: Guten Tag. Bitte vier Fahrkarten nach Garmisch-Partenkirchen.
Bahnangestellter: Einfach oder hin und zurück?
Erich: Einfach.
Bahnangestellter: Viermal einfach nach Garmisch, Moment … hier. Sie müssen in München umsteigen. Gute Reise.
Erich: Danke.
Marianne: Mutti! Vati! Die Kamera läuft!
Horst: Hallo! Schaut mal hierher, in die Kamera!
Horst und Erich stoßen zusammen.
Erich: Horst, paß doch auf!
Horst: Entschuldigung, Vati!
Ansager: Der Intercity nach München fährt auf Gleis eins ab. Bitte einsteigen! Vorsicht bei der Abfahrt!
Übergangsmusik. Akustikwechsel: draußen, in den Bergen. Vögel zwitschern, ab und zu hört man eine Kuhglocke, ein Alphorn. Das Knirschen von Schritten. Die vier steigen auf den Berg, sie stöhnen
und ächzen.
Horst: Herr … Herr Mustermann?
Erich: Psst! Sag … sag „Vati”!
Horst: Warum … warum fahren wir eigentlich nicht mit der Seilbahn?
Erich: Welche Seilbahn?
Horst: Na, die da drüben.
Erich: (irritiert) Also äh … die Seilbahn … ich, äh … Bewegung ist gesund!
Marianne: Mir tun die Füße weh!
Erika: Mir auch, Schatz. Können wir eine kleine Pause machen?
Erich: Ach was, keine Pause! Wir haben keine Zeit zu verlieren! Los, weiter!
Horst: Hören Sie mal, Herr … äh, Vati, das ist unsere Hochzeitsreise! Wir sind doch keine Sklaven!
Marianne: Horst, bitte! Fang doch
keinen Streit an! Du bist doch sportlich.
Erika: Und du, Schatz, sei nicht so streng mit den Kindern!
Erich: Streng? Wenn .. wenn ich mit meinen 65 Jahren auf diesen Berg steigen kann, dann können die Kinder das wohl auch.
Horst: Vorsicht, Kamera!
Erich: Jetzt hör schon auf mit dem blöden Ding! Du brauchst ja nicht alles zu filmen!
Marianne: Ist es denn noch weit bis zu dem Restaurant?
Erich: (versöhnlich) Nein. Höchstens eine Stunde. Oder eineinhalb.
Erika: (flüstert) Es tut mir leid, Marianne. Mein Mann ist sonst nicht so. Eigentlich ist er ganz nett. Er ist nur aufgeregt, weil wir doch bald ins Fernsehen
kommen.
Horst: Da haben Sie … ich meine, da habt ihr ganz schön Glück gehabt, daß ihr die Reise gewonnen habt, Mutti und Vati! Es gibt doch bestimmt Tausende von Leuten, die beim Wettbewerb mitmachen!
Erika: (stolz) Ja, ein Riesenglück haben wir gehabt! Wir haben nämlich gar nicht mitgemacht!
Horst: Was? Ihr habt gar nicht mitgemacht?
Erich: Nein. Wir haben einfach so gewonnen. Ohne eine Postkarte zu schreiben.
Horst: Aber wie ist denn das möglich? Das geht doch gar nicht!
Erich: Wahrscheinlich waren es Bekannte von uns. Aber wir haben nicht weiter danach gefragt. Wir fanden den Witz ziemlich geschmacklos, weil wir doch keine Kinder haben.
Erika: Aber dann haben wir ja euch gefunden!
Marianne: (unterbricht sie) Horsti! Mir ist schlecht! Ich glaube, ich muß … (sie würgt, kann sich aber beherrschen)
Horst: Liebling! Marianne! Was ist denn?
Marianne: Ich weiß nicht. Ich fühle mich so komisch.
Horst: Vielleicht ist es die Luft hier oben. Wir sind ja fast 3.000 Meter hoch! Hier, nimm ein bißchen Lakritze. Das hilft.
Marianne: Danke!
Das Knistern einer Lakritztüte. Dann hört man eine Weile nur Schritte.
Marianne: Endlich!
Horst: Das Restaurant!
Akustikwechsel: im Gipfelrestaurant. Restaurantgeräusche.
Erika: Ah! Hab' ich einen Hunger!
Erich: Und Durst! Bedienung! Bedienung!
Erika: Psst! Sei doch nicht so unhöflich!
Erich: Wieso nicht? Wir haben doch die Reise gewonnen! Da kann man doch auch ein bißchen Service verlangen, oder? Das Fernsehen bezahlt alles!
Horst: (flüstert) Mensch, Marianne! Du sagst doch immer, ich bin unhöflich. Aber dieser Mustermann ist ja noch tausendmal schlimmer!
Erika: Wie bitte? Was sagst du, mein Sohn?
Horst: Ach nichts, Frau Muster... äh, Mutti.
Kellnerin: Guten Tag, die Herrschaften. Was darf's denn sein?
Erika: Ist das hier wirklich der höchste Berg in Deutschland?
Kellnerin: Ja, sehen Sie denn einen höheren?
Erich: (feierlich) Wir sind die Mustermanns.
Kellnerin: Was möchten Sie?
Erich: Wir heißen Mustermann. Mit zwei „n”. Verstehen Sie nicht?
Kellnerin: Doch, doch. Ich heiße Graf. Bettina Graf. Mit „f”. Und was darf's sein? Ich hab' viel zu tun!
Erika: Ein Wiener Schnitzel und einen trockenen Weißwein, bitte.
Marianne: Haben Sie Sauerkraut?
Kellnerin: Klar. Soviel Sie wollen!
Marianne: Dann einmal Sauerkraut und einen Apfelsaft. Mir ist gar nicht mehr schlecht!
Horst: Für mich einmal Schweinshaxe und ein Weizenbier.
Erich: Für mich auch.
Erika: Aber Schatz, du weißt doch, was der Arzt gesagt hat! Cholesterol!
Erich: (seufzt) Ist ja schon gut. Also, dann einen grünen Salat und ein Mineralwasser. (Er räuspert
sich majestätisch) Hören Sie, wir sind die Familie Mustermann aus Frankfurt. Wir haben die Deutschlandreise gewonnen, bei „Reisefieber”. Haben Sie nichts für uns?
Kellnerin: Ach, Sie sind das!
Erich: Na endlich!
Kellnerin: Mein Chef hat gesagt, wenn die Verrückten vom Fernsehen kommen, soll ich ihnen ein Päckchen geben.
Übergangsmusik. Danach wieder Restaurantgeräusche. Unsere vier Reisenden essen und trinken hörbar.
Horst: (sichtlich interessiert) Jetzt machen Sie schon auf, Herr … Vati!
Erich: (trinkt einen riesigen Schluck Wasser, stellt sein Glas geräuschvoll ab) Aaaah! Erst die Arbeit, dann das Vergnügen!
Er öffnet das Päckchen.
Marianne: Und? Was ist drin?
Erika: Eine Kassette.
Horst: Video?
Erich: Nein, nein, nein, eine ganz normale Musikkassette. Und ein Zettel: (Er entfaltet den Zettel und liest vor) „Herzlichen Glückwunsch! Sie haben das erste Rätsel gelöst! Hier ist die zweite Aufgabe: Hören Sie die Musik auf dieser Kassette an. Finden Sie heraus, wer diese Musik komponiert hat, und besuchen Sie das Geburtshaus des Komponisten. Viel Glück, Ihr ,Reisefieber'-Team!”
Erika: Also, das Geburtshaus des Komponisten … hm …
Marianne: Horst, haben wir den Walkman dabei?
Horst: Nein, leider nicht.
Erika: Macht nichts. Hier im Restaurant gibt es doch bestimmt eine Stereoanlage. Hört ihr nicht die Musik?
Erich: Manchmal bist du wirklich intelligent! Bedienung! Bedienung!
Erika: Psst! Brüll doch nicht so!
Kellnerin: Ja bitte? Schmeckt's?
Erich: Was? Ach so, ja, schmeckt gut. Wo ist hier die Stereoanlage?
Kellnerin: Da hinten. Wieso?
Erich: (schon unterwegs zur Anlage) Danke! Ich darf doch mal schnell …
Kellnerin: Halt! Moment! Sie können doch nicht einfach …
Sie wird abrupt unterbrochen. Musik. Fadeunder, Studioakustik.
Erzählerin: Die zweite Aufgabe ist also: Besuchen Sie das Haus, in dem der Komponist dieser Musik geboren wurde.