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Lesen Die geistlichen Briefe

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regrem патриот03.08.18 19:07
NEW 03.08.18 19:07 
in Antwort regrem 03.08.18 18:45, Zuletzt geändert 06.08.18 06:59 (regrem)

Das Geschenk des Vergessens

Danke Gott für das Geschenk des Vergessens. Später wirst du dich an deine Krankheit weniger deutlich erinnern als an deine Heilung. Vieles, was dir jetzt widerstrebt, was du nicht ertragen kannst, wird verblassen. Das Gute ist langlebiger. Deine positiven Gedanken werden über die negativen siegen. Deine Erin­nerung wird erfüllt sein von Gedanken der Heilung und der Freude.


Vielleicht hast du Ähnliches erlebt: Jemand, den ich seit Jahren nicht gesehen habe, kommt auf mich zu und sagt: „Herb, wie geht's deinem Rücken?" Meinem Rücken? Ach ja, jene Operation vor fünf­undzwanzig Jahren. Ich hatte sie ganz vergessen. Oder es fragt mich jemand: „Was macht dein Herz?" Mein Herz? Ich hatte seit Monaten nicht mehr an meine Herzschwäche gedacht. Diese Operation lag zwölf Jahre zurück.


Habe offene Augen für alles, was um dich herum geschieht. Sieh nicht nur auf deinen Schmerz. Richte deinen Blick auf das Gute - die Freundlichkeit, mit der man dir begegnet, eine teilnahmsvolle Berührung, liebevolle Geschenke, Gebete von Freunden. Nimm all das in dich auf. Das Gute wird Schmerzen und Tränen überdauern.


Sei sensibel für die Wirklichkeit, die dich umgibt, und für alles Echte in dir. Gestehe dir deine Gefühle ein, deine Unsicherheit, deine Einsamkeit, deine Wut. Öffne dich dem Schmerz, damit er nicht im Verborgenen weiterbohrt. Sieh negativen Gefühlen ins Gesicht, und dann lass sie durch dich hindurchziehen und entlasse sie. Fürchte sie nicht. Sie sind schwächer als das Heilende, schwächer als dein Glaube, dein Lachen.


Später werden dich die Leute fragen: „Wie geht es dir?" Sie werden sich an deine Krankheit und dein Leiden erinnern. Du wirst dich an die Freude deiner Genesung erinnern. Das ist der Lauf des Lebens.


Die Krähen lassen sich gerne in der Eiche nieder. Wenn sie singen, dann passen ihre rauen Lieder zu der Urtümlichkeit des Baumes.


Ich denke positive Gedanken über dich.

#21 
regrem патриот03.08.18 19:07
NEW 03.08.18 19:07 
in Antwort regrem 03.08.18 18:45, Zuletzt geändert 06.08.18 07:02 (regrem)

Ich hab dich lieb

Manchmal tut es weh, wenn Verwandte oder Freunde unser Krankenzimmer verlassen. Sie gehen nach Hause oder verreisen für ein Wochenende oder länger. Wir bleiben allein zurück.


Welches sind die besten Abschiedsworte für dich, wenn die Besuchs­zeit vorüber ist? Ich weiß noch, was ich sah, sagte und tat, wenn mein Besuch aus dem Zimmer ging. Ich winkte. Ich hob die Hand und hielt sie in der Luft. Ich machte ein Kreuzeszeichen. Ich starrte vor mich hin. Ich schaute weg. Ich lächelte. Ich hielt die Tränen zurück. Ich sagte Worte wie: „Bis bald!", „Mach's gut!", „Kommt bald wieder!", „Danke!", „Ruf mich an!"


Ich vermied gewichtige Worte wie „Lebe wohl!" oder „Gott sei mit dir". Sie schienen mir so unpassend in einem Krankenzimmer, so endgültig.


Ich will dir sagen, welche Abschiedsworte mir am wohlsten taten, als ich krank war. Es waren die Worte: „Ich hab dich lieb." Ich beschloss, dass dies gute Abschiedsworte für mich waren. Gute Worte, wenn man das Beste sagen will, das es zu sagen gibt.


„Ich hab dich lieb." Dieser kleine Satz bleibt in der Luft hängen, klingt nach, lebt in den Gedanken weiter, kehrt in der Nacht zurück, bleibt bis zum Morgen und schenkt neues Leben.


Die Worte bringen Erinnerungen zurück. „Herbert, ich hab dich lieb." Dies war der stärkste Satz meiner Kindheit. Mein Name „Herbert" und die Worte „Ich hab dich lieb" in ein und demselben Satz. Jene Worte, ihr Klang und die Gefühle, die sie auslösten, haben mich nie verlassen.


„Ich hab dich lieb." Dies sind deine Worte, mit denen du das Gespräch beendest, wenn wir am Telefon miteinander sprechen. Schöne Abschiedsworte.


Heute pflanzte ich einen Baum und nannte ihn Phileo, das bedeu­tet „Freund". Gemeinsam werden wir zusehen, wie der Baum wächst.


Ich hab dich lieb!

#22 
regrem патриот03.08.18 19:07
NEW 03.08.18 19:07 
in Antwort regrem 03.08.18 18:45, Zuletzt geändert 06.08.18 07:04 (regrem)

Stelle Fragen

Krankheit kann bei unseren nächsten Angehörigen eine gewisse Hilflosigkeit auslösen. Plötzlich müssen sie unge­wohnte Dinge tun. Es ist neu für sie, uns zu bedienen, lange Stunden allein zu Hause zu sitzen, sich ihr Essen allein zu kochen, Dinge allein zu organisieren, den Haushalt in Ordnung zu halten. Sie wollen es tun, aber sie schaffen es nicht.


Manchmal wundern wir uns über die Gefühle und das Verhalten der Menschen, die wir am meisten lieben. Sie sind auf einmal aufbrau­send, reizbar, gelangweilt oder scheinen uns nicht mehr zu verstehen. Ich weiß es. Ich habe es selbst erlebt.


In diesem Fall ist es besser, einfach Fragen zu stellen, so dass sie ihre Gefühle und Bedenken äußern können. Die Menschen, die dir nahe stehen, sind vielleicht besorgt, enttäuscht, wütend oder gestresst. Sie mögen sich hilflos und überfordert fühlen. Vielleicht denken sie sogar, sie hätten in irgendeiner Form zu deiner Krankheit beigetragen.


Aber wir können fragen - und dann zuhören. Krankheit ist eine besondere Zeit, eine Zeit, in der wir einander besser verstehen lernen. Mach es dir zum Grundsatz, möglichst einfach zu fragen und genau zuzuhören. Ich versuche zu fragen, ohne bereits die Antwort in den Mund zu legen. Solche einfachen Fragen sind zum Beispiel: „Was bedeutet meine Krankheit für dich? Was ist am schwersten für dich? Worauf freust du dich am meisten? Wie geht es dir damit? Wie kann ich dir am besten helfen? Was willst du jetzt tun?"


Eine hilfreiche Frage ist alles, was du brauchst. Erwarte keine große Diskussion. Sei einfach bereit zu hören. Lass die Atmosphäre zwischen euch offen und liebevoll sein.


Wie lernen wir gutes Fragen? Ich stellte einmal einem alten Baum sechs Fragen: „Wie heißt du? Wie geht es dir? Wer besucht dich? Seit wann bist du schon hier? Was war deine schwerste Zeit? Welches ist deine beste Jahreszeit?" Ein wenig abgewandelt und der Situation angepasst, sind all diese Fragen gut geeignet, um ein Gespräch zu beginnen. Lass dir Zeit, um eine gute Frage zu finden - eine, bei deren Formulierung du ein gutes Gefühl hast. Es lohnt sich.


Dieses Jahr werde ich wohl unter der Eiche viele Blätter zusammen­rechen müssen. Früher war mir dies eine Last. Heute tue ich es gern.


Wie kann ich dir am besten helfen?

#23 
regrem патриот03.08.18 19:08
NEW 03.08.18 19:08 
in Antwort regrem 03.08.18 18:45, Zuletzt geändert 06.08.18 07:07 (regrem)

Von Heilung umgeben

Ich weiß, dass Gott in deinem Leben eine große Rolle spielt. Du sprichst von einem Gott, der in alle Richtungen weist - in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Gestern hast du von Liedern aus dem Kindergottesdienst erzählt, von Gesprächen mit deinem Nach­barn, von einem Pfarrer und von einem Buch über Engel. Du sagtest: „Gott umgibt mich von allen Seiten."


Damit erinnerst du mich an die Stunden, in denen ich in der Grund­schule mit einem Zirkel Kreise zeichnete, um sie dann mit Halbkreisen und Blütenblättern auszufüllen. Welche Harmonie der Formen in die­sem großen Kreis, der bis an die Ränder meines Schreibheftes reichte.

„Gott umgibt mich von allen Seiten." Deine Worte inspirierten mich zu einem Gebet. Du hast mir geholfen, es zu schreiben. Es handelt von dem großen Kreis Gottes, der alles Leben umspannt, und es gleicht einem irischen Segensgebet, das wir beide kennen.


Mein Gott,


sei vor mir, um mir den Weg zu zeigen,

sei unter mir, um mich hochzuheben,

sei für mich, um mich stark zu machen,

sei bei mir, um mich zu stützen,

sei hinter mir, um alles Erlebte zu segnen,

sei über mir, um mich zu dir zu ziehen,

sei in mir, um mich froh zu machen,

umgib mich von allen Seiten, um mich an Leib und Seele zu heilen.


Das Gebet enthält eine Menge Präpositionen. In der Grundschule mochte ich die Präpositionen, und ich mag sie heute noch. Sie handeln von Beziehungen - vor, unter, bei, über, in. Als Kinder lernten wir solche Wörter - „für, bei, neben, vor, um... herum" - spielerisch. Später lern­ten wir sie zu schreiben, zu buchstabieren und in Sätze einzubinden.


Heilung hat ebenfalls mit Präpositionen zu tun, mit Beziehungen. Alle Präpositionen zusammen bilden einen vollständigen Kreis. Du hast gesagt: „Gott umgibt mich von allen Seiten." Dies will auch das Gedicht dir sagen.


Freu dich am leben innerhalb jenes großen Kreises.

#24 
regrem патриот03.08.18 19:08
NEW 03.08.18 19:08 
in Antwort regrem 03.08.18 18:45, Zuletzt geändert 06.08.18 07:14 (regrem)

Auch Angehörige haben Angst

In diesem Brief möchte ich dir von meinen Freunden Mavis und Gary erzählen. Du kennst sie und magst dich fragen, wie es ihnen geht. Mavis wird morgen früh operiert. Ich habe heute mit ihr gesprochen, und sie hat keine Angst vor dem Eingriff. Sie weiß, wie es um sie steht, und sie sieht den Tatsachen ins Auge. Nicht nur das - sie kann ihre schwere Krankheit annehmen. Das war schon immer ihre starke Seite.


Gary, ihr Mann, mag nicht darüber reden. Deshalb wollte sie mit mir sprechen. Gary will es nicht hören, wenn sie versucht, offen mit ihm über ihre Krankheit zu reden. Er weigert sich, das Wort „Krebs" in den Mund zu nehmen. Vielleicht sollte er es einfach einmal laut und deutlich aussprechen: „Krebs." In dieser Hinsicht unterscheiden sich Mavis und Gary. Er neigt dazu, alles Unangenehme zu verdrängen; sie sieht der Realität ins Gesicht. Inzwischen weiß ich auch, warum das so ist.


Heute Abend am Telefon erzählte mir Mavis, dass Garys Mutter oft krank gewesen sei, als er noch ein Kind war. Krankheit hatte damals schon etwas Bedrohliches für ihn, und so ist es heute noch. Krankheit macht ihm Angst, deshalb verschließt er seine Augen davor. Er wech­selt das Thema, sobald Mavis von der bevorstehenden Operation spricht. Für ihn ist alles viel schlimmer als für sie. Er hat panische Angst.


Manchmal ist unsere Krankheit für die Menschen, die uns nahe stehen und mitleiden, wesentlich schwerer zu ertragen als für uns selbst.


Als mich die Schwestern vor meiner Bypass-Operation in den Operationssaal rollten, sang ich in meinem Bett. Ich glaube nicht, dass meinen Angehörigen zum Singen zumute war. Der Eingriff dauerte insgesamt acht Stunden. Während der ganzen Zeit kümmerten sich Freunde, die ähnliche Erfahrungen hinter sich hatten, um meine Familie. Sie brachten Essen vorbei und erzählten von ihrer eigenen Operation und vom Wunder ihrer Genesung. Meine Operation und die darauf fol­genden Tage waren für meine Angehörigen schlimmer als für mich.


Vergiss nie, für andere zu beten. Auch die Menschen, die dich besuchen und für dich sorgen, bedürfen des Gebetes und der Fürsorge. Selbst diejenigen, die körperlich gesund sind, haben ihre Sorgen, Schmerzen und Ängste.


Es ist jetzt neun Uhr abends. Gary wird bald vom Krankenhaus zurückkommen. Ich werde ihn anrufen, ihm zuhören. Ruf mich an, wenn du es möchtest.


Manchmal brauche ich deinen unerwarteten Anruf

#25 
regrem патриот03.08.18 19:08
NEW 03.08.18 19:08 
in Antwort regrem 03.08.18 18:45, Zuletzt geändert 06.08.18 09:38 (regrem)

Leben in Beziehungen

Du wolltest nie für andere eine Last sein. Du wolltest nicht, dass sie denken, du schaffst es nicht mehr allein. Du wolltest dir immer deine Selbständigkeit bewahren.


Warum denken wir, wir fallen unseren Mitmenschen zur Last, wenn sie für uns sorgen? Warum fühlen wir uns schuldig, wenn unser Leben plötzlich Forderungen an andere stellt? Warum haben wir den Anspruch, wir müssten es allein schaffen?


Leben besteht aus Beziehungen. Es ist ein Netzwerk, bei dem die Fäden wie bei einem komplizierten Stoffmuster ineinander greifen.


Erinnerst du dich noch an den See, den wir letzten Sommer besuchten? Weißt du noch, wie klar und sauber das Wasser war - ein gesunder, vielfältiger Lebensraum? Weißt du noch, wie wir darüber sprachen, wie alles Leben in dem See voneinander abhängig und mit­einander verwoben ist? Wir sahen die Seerosen, das Wasser, die Kaul­quappen, die Schildkröten, die Baumstämme, das Gras und die Enten als eine große Familie. Sie gehören zusammen. Zusammen bilden sie den See.


Genauso ist es bei uns Menschen. Wir sind wie jener See - mit­einander verbunden, von Beziehungen abhängig, ein gemeinsames Ganzes. Wir leben nicht isoliert und abgeschnitten vom Rest der Welt.


Wir können nicht allein existieren. Weißt du noch, wie sehr wir diesen See liebten? Ich glaube nicht, dass wir dachten, irgendein Teil von ihm sei weniger wert als der Rest, gehöre nicht dazu oder habe sich schul­dig zu fühlen, weil er von anderen Teilen abhängig ist. Verändert sich ein Bestandteil des Lebensraumes „See", passen sich die übrigen an und schaffen Ausgleich. Gemeinsam sind alle Teile in Bewegung und halten den See im Gleichgewicht und gesund.


Wir heilen gemeinsam. Wir werden gesund, wenn wir in Bezie­hungen eingebunden sind. Der Apostel Paulus schreibt in einem seiner Briefe, wenn ein Glied des Leibes Christi leidet, leiden alle Glieder mit. Umgekehrt, wenn ein Glied heil wird, werden alle Glieder gesund.

Wir sind wie jener See im letzten Sommer. Erinnerst du dich noch an den Frosch auf dem Seerosenblatt oder an die Schildkröte, die sich auf dem Baumstamm sonnte?


Ein Waldmurmeltier wohnt tief unter dem Wurzelwerk der Eiche. Ich sehe es oft zum Teich huschen, um zu trinken.


Denk an den See.

#26 
regrem патриот03.08.18 19:09
NEW 03.08.18 19:09 
in Antwort regrem 03.08.18 18:45, Zuletzt geändert 06.08.18 09:44 (regrem)

Entfernungen überbrücken

WIE VIELE KILOMETER sind es eigentlich, die uns trennen? Wie können wir uns nahe sein, wo wir so weit voneinander entfernt sind? Wie können wir uns einander verbunden fühlen, einan­der Kraft geben? Gibt es etwas Gemeinsames, das innerhalb unserer Reichweite liegt? Ich stelle diese Fragen, weil ich weiß, wie schmerz­lich man jemanden vermissen kann. Ich weiß, wie sehr wir uns manch­mal wünschen, einen geliebten Menschen an unserer Seite zu haben -besonders in Zeiten der Krankheit.


Wie lassen sich räumliche Entfernungen überbrücken? Ich denke da an einfache Dinge des täglichen Lebens, die verbindend sein können. Etwa bestimmte Uhrzeiten, Zeichen, Symbole, die uns wichtig sind und zu denen wir beide einen Zugang haben. Vielleicht finden wir etwas, woran wir jeden Tag gemeinsam denken können. Vielleicht gibt es eine Zeit am Tage, zu der wir wissen, dass der andere an uns denkt. Wann können wir uns einander nahe fühlen? Es gibt so viele Möglichkeiten:


bei Sonnenaufgang

bei Sonnenuntergang

um zwei Uhr nachmittags

wenn wir den ersten Stern am Himmel sehen

um sieben Uhr abends

während wir unser Nachtgebet sprechen

wenn wir unseren Morgenkaffee trinken


Dies sind nur einige der vielen Zeiten, die uns beiden gehören kön­nen. Vielleicht werden sie zu Meilensteinen in unserem Tageslauf, die uns näher zusammenführen.


Versuche, gemeinsam mit den Menschen, die du liebst, solche Zeiten der Nähe zu finden. Übe das Nahsein bei diesen Gelegenheiten. Erspüre die Gegenwart des anderen. Sende ihm gute, heilende Gedanken; betet gemeinsam. Habe ein offenes Ohr für alles, was kommen mag. In Zeiten der Krankheit und Genesung können wir uns näher sein als je zuvor.


In der Nähe der Eiche stehen noch sechs andere Bäume, dicht genug, um sie zu berühren. Oder ist es die Eiche, die sich nach den anderen Bäumen ausstreckt?


Auch während du diese Worte liest, bin ich dir nah.

#27 
regrem патриот03.08.18 19:09
NEW 03.08.18 19:09 
in Antwort regrem 03.08.18 18:45, Zuletzt geändert 06.08.18 09:47 (regrem)

Wir sind nicht allein

MANCHMAL MÖCHTE ICH ALLEIN SEIN, so richtig allein. Dann will ich mich am liebsten verstecken, einigeln, abkapseln und dem Rest der Welt den Rücken kehren. Aber es ist unmöglich, vollkommen allein zu sein.


Weißt du, was passiert, wenn ich wirklich allein sein will? Immer dann, wenn ich mich rigoros und vollständig zurückziehen will, denkt jemand an mich. Jemand will sich mit mir treffen oder braucht meine Hilfe. Jemand wiederholt Worte, die ich einmal gesagt habe, tut etwas, was ich einmal getan habe, weckt Erinnerungen. Und wieder ist es mit dem Alleinsein vorbei.


Wir können nie ganz und gar allein sein. Es ist unmöglich.


Wir werden in eine Welt hineingeboren, aus der es kein Entrinnen gibt. Wir können einsame Orte aufsuchen, um allein zu sein, aber nie können wir völlig losgelöst von Menschen und Erinnerungen sein.


Irgendwo lebt immer ein Teil von mir weiter an Orten, die ich be­sucht, in Dingen, die ich geschrieben habe, in den Gesprächen der Men­schen. Bäume, auf die ich geklettert bin, spenden nun anderen Schatten. Blumen, die ich gepflanzt habe, erfreuen die Herzen anderer. Worte, die ich schrieb, werden gelesen. Man erinnert sich an Lieder, die ich träumte, an Gedanken, die ich ausdrückte, an Berührungen und Umarmungen.


Nein, ich kann mich nicht vollkommen aus Beziehungen heraus­lösen. Niemand kann es - zum Glück nicht.


Es gibt Umarmungen und Küsse in meinem Leben, die spüre ich noch heute; ich schmecke noch den Wein, den ich mit jemandem teilte, sehe ein Lachen, weiß Worte auswendig, die ich einmal schrieb. Ich kann der Welt, in der ich lebe, und der Gemeinschaft, zu der ich ge­höre, nicht entfliehen. Wenn ich allein sein will - wirklich allein - merke ich, wie stark ich in Beziehungen eingebunden bin.


Glaube nie, dass du völlig allein bist. Auch jetzt, in diesem Augen­blick, denkt jemand an dich, spürt deine Gegenwart, auch jetzt wirst du vermisst, geliebt.

Vor Jahren hast du dich einmal bei mir für eine Flasche Wein be­dankt. Ich denke noch oft an deinen Dank. Und ich denke an unser Telefongespräch über den Himmel.


Ruf mich mal an.

Es gibt jemanden, der an dich denkt.

#28 
regrem патриот03.08.18 19:09
NEW 03.08.18 19:09 
in Antwort regrem 03.08.18 18:45, Zuletzt geändert 06.08.18 09:50 (regrem)

Komm mich besuchen!

Wenn du dir Gemeinschaft wünschst, dann scheue dich nicht, diesen Wunsch offen zu äußern. Ich mag es, wenn du anrufst und sagst: „Du fehlst mir. Lass uns reden." Manchmal ist es der Kranke, der den Besuch einladen muss. Ich werde nie vergessen, wie mir ein langjähriger Freund schrieb: „Komm mich bitte besuchen."


Joe und ich kannten uns schon sehr lange. Als er vor einigen Jahren erkrankte, besuchte ich ihn hin und wieder. Doch als sich sein Zustand verschlimmerte, fiel es mir immer schwerer. Ich hatte Joe noch nie in so schlechter Verfassung gesehen. Ich wollte meine Gefühle nicht zeigen, um ihn nicht noch mehr zu deprimieren. So beschloss ich, mit meinem nächsten Besuch zu warten, bis es ihm besser ginge.


Aber je mehr Zeit verstrich, desto mehr musste ich an Joe denken. Ich fragte mich, ob er bemerkt hatte, dass ich immer seltener kam, ob er sich darüber Gedanken machte und meine Besuche vermisste. Dann erhielt ich seinen Brief, mit der Bitte, ihn zu besuchen. Eine Einladung. Ich fuhr sofort zu ihm und erzählte ihm von meinen zwiespältigen Gefühlen. Er beteuerte, wie viel ihm unsere Gespräche bedeutet hätten und wie sehr er sie vermisst habe. Er brauchte meine Besuche, und ich glaubte ihm.


Ich freute mich über seine Direktheit und Offenheit. Seine Ehrlich­keit war tröstlich für mich. Auch ich brauchte seine Gegenwart, und ich musste lernen, ihn mit neuen Augen zu sehen. Diese Besuchszeiten haben unser beider Leben sehr bereichert. Endlich konnten wir über Dinge reden, die wir in den vielen Jahren davor nie angesprochen hat­ten. Dabei kannten wir uns seit unserer Jugendzeit. Ich bin heute noch froh, dass er mich damals gebeten hat, ihn zu besuchen.


Vielleicht hast du bei Freunden und Verwandten ähnliche Reak­tionen erlebt. Du fragst dich: „Warum kommen sie nicht? Warum melden sie sich nicht?" Sie ziehen sich zurück, obwohl ihr einander brauchen würdet. So war es bei Joe und mir.


Mach es wie Joe. Bitte Menschen, die dir am Herzen liegen, dich öfter zu besuchen, dir zu schreiben oder dich anzurufen. Sprich offen über deine Gefühle. Sag ruhig einmal: „Ich brauche dich. Ich brauche euch." Manchmal muss man als Patient den ersten Schritt tun und wird dann feststellen: Es war ein Segen für beide Seiten.


Hab keine Hemmungen, deine Bedürfnisse zu äußern und zu sagen: „Bitte, komm mich besuchen!" In der Bibel gibt es zahlreiche Beispiele von Kranken, die Jesus rufen ließen - und er zögerte keinen Augenblick.


Die alte Eiche ist heute ganz still. Es weht kein Wind.


In die Stille hinein flüsterte ich deinen Namen.

#29 
regrem патриот03.08.18 19:09
NEW 03.08.18 19:09 
in Antwort regrem 03.08.18 18:45, Zuletzt geändert 06.08.18 09:53 (regrem)

Ich möchte helfen

WAS IST EINFACHER: zu helfen oder Hilfe zu empfangen? Ich bin sicher, dass es jemanden gibt, der dir heute helfen möchte. Jemanden, der es möchte und der es braucht.


Wenn ich in dieser Lage bin, kannst du mir helfen, indem du mir sagst, wie ich helfen kann. Was kann ich dir geben, das du nötig hast? Was kann ich dir sagen, das du hören möchtest? Was kann ich tun, das dir Freude macht?


Das Helfen führt zu einer tieferen Frage. Wer bin ich für dich? Wie stehen wir zueinander? Welche Beziehung haben wir, und wie kann diese Beziehung dir jetzt eine Hilfe sein? Denke doch einmal darüber nach. Diese Fragen beschäftigen mich sehr.


Wir alle haben unsere Wünsche, Ansprüche, Bedürfnisse. Ich habe das Bedürfnis zu geben, zuzuhören, zu helfen, dich gesund zu machen. Ich möchte dich glücklich sehen. Ich möchte es, weil wir miteinander verbunden sind; Gott hat uns beide geschaffen. Und ich bin dein Freund. Wir sind zusammen durch dick und dünn gegangen. Wir kennen ei­nander gut.


Du hast vielen Menschen durch Wort und Tat geholfen, auch wenn es dir selbst nicht bewusst war. Ich habe mit dem Schreiben begonnen, weil ich deinen Schmerz fühlen konnte und mir wünschte, dass du wieder gesund wirst. Ich dachte - und hoffte -, dass du mich brauchst. Des­halb schreibe ich dir diese Briefe. Ich möchte mich um dich kümmern, auf eine Art, die dir gut tut. Ich will es wirklich.


Lass mich etwas für dich tun. Ich möchte es so gern.


Unweit der großen Eiche wächst ein kleiner Ableger. Wenn der Herbst kommt, werde ich dem winzigen Baum einen eigenen Platz geben. Und ich weiß, er wird mich höchstwahrscheinlich überleben.


Bleib stark.

#30 
regrem патриот03.08.18 19:10
NEW 03.08.18 19:10 
in Antwort regrem 03.08.18 18:45, Zuletzt geändert 06.08.18 09:57 (regrem)

Familienbande

DENKST DU MANCHMAL, du seist eine Last für deine Familie? Lass uns einmal darüber nachdenken, was „Familie" bedeutet. Familie, das sind die Freunde. Wenn Fremde zu Freunden werden, dann gehören sie zur Familie. Familie, das sind Menschen, die geben und nehmen, die voreinander nichts zu verbergen haben, weder ihre guten noch ihre schlechten Seiten. Familie, das sind unsere Ver­wandten und das, was sie für uns bedeuten und wir für sie. Familie, das sind Menschen, die einander sehr gut kennen, die einander brauchen und zueinander stehen. In der Familie wird nicht über Soll und Haben Buch geführt. In der Familie kann man sich aufeinander verlassen.


Das Netzwerk der Familie bleibt bestehen, auch wenn wir krank sind. Familienmitglieder denken an uns, erinnern sich an unsere Wünsche und Gefühle und daran, wie wir sie beschenkt und was wir für sie getan haben. Wie auch immer es uns heute gehen mag, was immer wir tun und sind, wir bleiben eingebettet in die Familie. Wir sind Teil ihrer Geschichte, der einzelnen Lebenswege, Erfolge und Hoffnungen. Die Gebete unserer Familienangehörigen für uns geben ihrem eigenen Leben Kraft. Ihre Fürsorge erweitert ihren Horizont. Ihre Liebe zu uns bereichert ihr eigenes Leben.


Diese Zeit der Krankheit und Genesung ist die Zeit zu empfangen, zu danken, offen zu sein, sich anzulehnen, zu fordern. Öffne dein Innerstes für deine Familie. Schenke dich selbst. Gib ihnen, was du bist und was du in dieser Zeit geben kannst: deine Wünsche und Bedürf­nisse, ein Lächeln, Worte des Dankes, eine Berührung. Gib ihnen, was du heute zu geben hast. Denn das ist alles, was wir einander geben können. Lass deine Familie für dich sorgen. Es wird ihr Leben reicher machen.


Auch meine Eiche gehört zur Familie. Heute frage ich mich, wie ich mich um sie kümmern kann. Eines ist sicher: Ich liebe die Eiche zu jeder Jahreszeit. Das ist es, was ich für sie tun kann.


Ich freue mich, dass ich zu deiner Familie gehören darf.

#31 
regrem патриот03.08.18 19:10
NEW 03.08.18 19:10 
in Antwort regrem 03.08.18 18:45, Zuletzt geändert 06.08.18 10:12 (regrem)

Heilen und geheilt werden

ALS ICH KLEIN WAR, wollte ich meiner Mutter helfen, wenn sie Migräne hatte. Eifrig massierte ich ihren Nacken, damit es ihr bald wieder besser ginge. Und während ich das tat, erfuhr ich ebenfalls ein Stück Heilung.


Heute, viele Jahre später, zehre ich noch immer von dieser heilen­den Beziehung. Ich kann die Berührung spüren. Ich fühle noch heute, wie sie sich meinen kleinen Händen anvertraute.


Das ist es, was ich dir heute schreiben will: Heilung geschieht wechselseitig. Wenn wir Hilfe annehmen, helfen wir demjenigen, der sie uns schenkt. Heilung ist ein Kreis, eine Beziehung, die aus Geben und Nehmen besteht.


Ich massierte meiner Mutter den schmerzenden Nacken, ohne die Heilung in irgendeiner Weise erzwingen zu wollen. Sie ließ es gesche­hen, leistete meinen kleinen Fingern keinen Widerstand. Ich gab; sie nahm meine Gabe freimütig an. Und während dieser Zeit des gegen­seitigen Heilens hörte ich bei jedem ihrer Atemzüge ihr leises Stöhnen: „Ahhmm. Ahhmm." Als Kind klang es damals für mich wie „Amen. Amen." Ich höre diesen heilenden Klang noch heute. Ahhmm - als ich noch klein war, hörte ich diesen Laut zum ersten Mal. Amen ist heute noch, viele Jahre später, ein heilendes Wort für mich.


Ich möchte dir aus ganzen Herzen "Amen" zurufen.

#32 
regrem патриот03.08.18 19:10
NEW 03.08.18 19:10 
in Antwort regrem 03.08.18 18:45, Zuletzt geändert 06.08.18 10:14 (regrem)

Alte Hausmittel

KANNST DU DICH NOCH an die Hausmittel und Bauernregeln aus deiner Kindheit erinnern? In unserer Familie gab es etliche davon. Manche kannten wir auswendig. Andere bewahrte meine Mutter in einem zerlesenen Gesundheitslexikon auf, das sie ebenso gut kannte wie den Katalog ihres Lieblingsversandhauses.


Bekamen wir Kinder auf dem Weg zur Schule Schluckauf, so wuss-ten wir, was dagegen half: „Wirf einen Erdklumpen über deine rechte Schulter und höre, wie er zu Boden fällt." Man vergesse nicht den Zusatz: „Je weiter man den Erdklumpen hinter sich wirft, desto größer sind die Chancen auf Heilung." Dies waren die medizinischen Rezepte, die man uns Landkindern gab.


Und wir glaubten daran. Jeder von uns, der auf dem Schulweg an Schluckauf litt, wurde kuriert. Manche sagten, der Glaube daran sei das Wesentliche. Andere schrieben den Erfolg dem Erdklumpen zu. Wieder andere fanden heraus, dass man unbedingt den Atem anhalten musste, während man wartete, bis der Klumpen zu Boden fiel.


Was auch immer der Wahrheit entsprach, es hat geholfen. Und es hatte mit dem Glauben daran zu tun, davon bin ich überzeugt, denn sonst hätten wir Derartiges gar nicht erst versucht. Sicherlich trug auch der Erdklumpen dazu bei. Die Heilkunst lebt von der Spritze, die man verabreicht bekommt, von der Salbe, die man einreihen, von der Pille, die man schlucken muss - oder eben von einem Klumpen Erde, den man hinter sich wirft. Ich denke, es kam dabei auf die richtige Atemtechnik an. Durch das Anhalten des Atems wurde der Kreislauf des Schluckaufs gebrochen.


Atmen ist Medizin. Manchmal genügt ein tiefer Atemzug, manch­mal ein Husten, ein Rufen, Schluchzen oder Seufzen. Manchmal ist dieses Atmen ein Lachen.


Gott ist Geist.


Geist, Wind, Atem - diese drei Worte sind in der Bibel Synonyme.


Gelobt seien solche einfachen Heilmittel!

#33 
regrem патриот03.08.18 19:10
NEW 03.08.18 19:10 
in Antwort regrem 03.08.18 18:45, Zuletzt geändert 06.08.18 10:19 (regrem)

Der Wille Gottes

DU FRAGTEST MICH: „Was ist der Wille Gottes? Wie soll ich wissen, was sein Plan für mich ist?" Ich frage mich auch: „Was ist der Wille Gottes?" Es gibt viele Situationen, in denen wir uns diese Frage stellen. Wenn ich bete, versuche ich, Gottes Willen zu erspüren - anstatt mich von meinen eigenen Wünschen und Vor­stellungen leiten zu lassen.


Wie soll man in einer Notsituation beten - während einer schweren Krankheit, vor einer Operation oder danach, wenn die Genesung auf sich warten lässt? In einem meiner vergangenen Briefe schrieb ich dir, dass ich sang, als man mich in den Operationssaal schob. Ich sang Gebete. Eine gute Art, sich für den Willen Gottes zu öffnen. Singe.


Ein anderes Mal, als ich kurz vor einer Operation stand, war mein Gebetsleben komplizierter. Ich grübelte, betete, versuchte mir Gottes Willen bildlich vorzustellen. Mein Gebet war mehr als ein Lied, es war ein komplexes Gefüge. Schließlich betete ich: „Dein Wille geschehe." Gedanken über den Willen Gottes durchströmten mich. Dann kamen die Bilder. Sie kamen in drei Gezeitenströmen. Im ersten Bild sah ich den ursprünglichen Willen Gottes und seinen Plan für mich und für die ganze Schöpfung. Ich stellte mir Bilder der Vollkommenheit vor, wie sie dem Willen Gottes entspricht. Der zweite Strom zeigte das heilen­de Wirken Gottes in der heutigen Welt - einer Welt voller Angst, Krieg, Leid und Tod. Ich stellte mir den Kampf Gottes vor, als er die Angst und

das Böse besiegte. Als Drittes sah ich, was der Wille Gottes letztendlich für mich und für die gesamte Schöpfung bedeutet: den Himmel, Gesund­heit, das Abwischen aller Tränen, Licht, ewiges Leben. Ich versuchte mir auszumalen, wie vollkommen die Welt sein wird, nachdem Gott diesen letzten Willen vollendet hat.


Innerhalb von Sekunden erfüllten diese Bilder der Vollkommen­heit mein ganzes Denken und Fühlen. Dann glitt ich in den Narkose­schlaf hinüber. Ich fühlte mich „vollkommen", voller Frieden und dach­te: „Beide Daumen hoch!"


Der Wille Gottes lässt sich für mich nicht in einem einzigen Satz zusammenfassen. Er ist vielmehr eine Fülle von Bildern mit dem Titel: „Vollkommen".


Beide Daumen hoch für dich!

#34 
regrem патриот03.08.18 19:10
NEW 03.08.18 19:10 
in Antwort regrem 03.08.18 18:45, Zuletzt geändert 06.08.18 10:21 (regrem)

Gott wacht über uns

WACHT GOTT ÜBER DIR? Wie stellst du dir sein Wachen rar? Lass mich dir meine Gedanken dazu schildern: Manch­mal wacht Gott über mir wie meine Mutter oder mein Vater: Er sitzt ruhig an meinem Bett und reicht mir eine heiße Tasse Tee und meine Medizin. Er weiß genau, wie ich mich fühle. Er zieht mir die wärmende Decke bis zu den Schultern hoch und hüllt mich sanft darin ein. Gott schläft nie, wenn ich ihn brauche; und er ist immer nah genug, um alle meine Regungen wahrzunehmen.


Manchmal wacht Gott über mir wie mein Arzt: Er ist nur ein paar Schritte entfernt auf dem Flur, auf dem Weg, nach mir zu sehen. Er ist auf dem neuesten Stand der Forschung. Er gibt den Schwestern präzise Anweisungen. Er setzt sich zu mir ans Bett, untersucht mich gründlich und hört mir aufmerksam zu. Er nennt mich bei meinem Namen. Er unterrichtet mich über meinen Heilungsprozess. Er schenkt mir Hoff­nung und verspricht mir, bald wiederzukommen.


Manchmal ist Gott für mich wie ein guter Nachbar: Er bringt Blumen oder etwas zu naschen mit, wenn er mich besucht. Er hält mich auf dem Laufenden über alles, was „draußen" passiert. Er verspricht, mir ein Abendessen zu kochen, wenn ich wieder zu Hause bin. Er weiß genau, wie lange er bleiben soll. Er ist der Meinung, ich sähe schon bes­ser aus. Er sagt mir die Wahrheit auf optimistische Art. Er dreht sich ein zweites Mal um und winkt, wenn er das Zimmer verlässt.


Wie wacht Gott über dir?


Gott hat genug Engel, um sich um uns alle zu kümmern. Und dann und wann haben wir das Glück, sie sehen zu können und zu wissen, wer sie geschickt hat. Gott erfüllt den Raum mit Gesprächen und Neuigkeiten, die gut sind - und mit guten Absichten, die wir erkennen und spüren können, wenn wir offene Augen und Herzen haben. Gott hat uns geschaffen und versorgt uns mit allem, was wir brauchen, um ohne Angst zu leben und zu sterben. Menschen, die zu Gott gehören, haben dies von Generation zu Generation geglaubt und an ihre Kinder weitergegeben. Und es trifft auch für uns heute zu.


Von allen biblischen Bildern im Zusammenhang mit Gottes Wachen über uns liebe ich die Stelle am meisten, in der Jesus betet, bevor er verraten wurde. Dort sagt er, dass er in Gott ist und Gott in ihm und in denen, die ihm nachfolgen - in uns! So nah ist uns Gott, wenn er über uns wacht. So nah wie Vater und Mutter, die mich als Kind im Arm hielten, wenn ich krank war. So nah wacht er über uns.


Ich fühle, wie Gott in diesem Augenblick über mir wacht.


Und ich glaube, dass auch du sein Wachen über dir spürst.

#35 
regrem патриот03.08.18 19:11
03.08.18 19:11 
in Antwort regrem 03.08.18 18:45, Zuletzt geändert 09.08.18 10:16 (regrem)

Lass den Schmerz los

Ich fühle deinen Schmerz. Wirklich, ich kann ihn fühlen. Ich fühlte ihn auch in der vergangenen Nacht.


Im Traum befand ich mich an der Seite einer Frau, deren Körper auf einmal von großen Schmerzen gequält wurde. Ich sah den Schmerz, wie er sie von Kopf bis Fuß durchdrang; ich spürte die Qual in ihrem Gesicht, in ihren Augen und ihrer Körperhaltung.


Ich legte meinen Arm um sie, drückte sie an mich und fühlte die Heftigkeit ihres Kampfes, der ihren Willen lahmte und ihren Körper verkrampfte. Ich hielt sie fest, bis ich ihre Schmerzen und die Kälte, die sie erfüllte, in mir selbst spüren konnte. Ich litt genauso wie sie. Und ich bin überzeugt, dass dieser Traum mit dir zu tun hatte.


Ich träumte, deine Schmerzen zu fühlen, und während ich dich festhielt, nahm ich einen Teil dieser Schmerzen von dir. Noch beim Erwachen spürte ich den Schmerz in mir. Ich möchte ihn mittragen, mitfühlen und von dir nehmen.


Lass mich dich von fern im Arm halten, in Gedanken und im Gebet, damit du den Schmerz loslassen kannst. Im Traum hielt ich dich, bis du wieder warm wurdest, bis Gesundheit und Leben dich durchströmten wie zuvor, bis du Frieden fändest. Lass mich dich genauso festhalten -trotz der räumlichen Entfernung. Liebe überwindet alle Entfernungen. Aus der Ferne kann ich deinen Schmerz in mich aufnehmen und dir helfen, Leid und Angst zu tragen.


Es gibt noch jemanden, der dir ganz nah ist und dich festhalten wird, jemanden, der deine Schmerzen mit dir tragen und sie von dir nehmen will.


Im Neuen Testament, in den Evangelien, finden sich zahlreiche Beispiele, in denen von Leid gequälte Menschen ihren Schmerz loslas­sen, sobald Jesus zu ihnen kommt. Jesus hält dich fest. Und ich tue es ebenso, in Gedanken und im Gebet.


Lass deinen Schmerz los

#36 
regrem патриот03.08.18 19:11
NEW 03.08.18 19:11 
in Antwort regrem 03.08.18 18:45, Zuletzt geändert 09.08.18 10:18 (regrem)

Angst und Liebe

Wenn du Angst hast, habe ich auch Angst. Wie fühlt sich die Angst an? Wie verändert sie uns?


Ich weiß, wie qualvoll Angst sein kann. Ich kenne ihre äußeren und inneren Symptome. Sie lässt sich in meinen Augen lesen, auch meine Gesichtsfarbe verrät die Angst. Das Angstgefühl lässt meinen Atem flach und unregelmäßig werden; er gerät aus seinem normalen Rhythmus. Der Sauerstoffmangel wirkt sich auf meinen ganzen Körper aus. Manche Körperteile fühlen sich sonderbar an, als wären sie abge­trennt. Ich versuche sie zu spüren, und sie scheinen taub, als gehörten sie nicht mehr zu mir. Ich fühle mich fremd und von meiner Umwelt abgeschnitten. Mein Vertrauen stirbt, Beziehungen lösen sich auf, meine Sicherheit schwindet, meine Liebe wird mutlos. Unter der Last der Angst drohe ich zu zerbrechen.


In meiner Angst suche ich nach einem sicheren Anker, nach etwas oder jemandem, dem ich vertrauen kann. Ich will mich zusammen­reißen, wieder eins mit mir werden, ein Ganzes werden. Es ist der Wille meines Schöpfers, dass ich in Einklang mit mir und in Gemein­schaft mit anderen lebe, dass ich meine Heimat finde, dass ich geliebt werde. Liebe ist die stärkste Waffe gegen die Angst. Sei gewiss, dass Gott dich liebt. Glaube daran, dass du geliebt wirst, vertraue darauf. Rufe dir Menschen ins Gedächtnis, von denen du weißt, dass sie dich lieben und dass sie dir treu bleiben werden. Lass ihre Liebe zu dir ein Spiegel für die Liebe Gottes sein. Die Angst ist schwächer als die Liebe. Die Liebe treibt die Angst aus.


Manchmal, wenn mich nachts die Angst überfällt und alles um mich herum wie ein böser Traum scheint, zünde ich eine Kerze an oder schalte das Licht ein. Der Anblick vertrauter Dinge in meinem Zimmer hilft, die Nachtgespenster und die Furcht zu vertreiben. Im Schein des Lichtes wird die Welt, die mich umgibt, wieder greifbar - auch meine innere Welt. Dann weiß ich wieder, dass ich geliebt werde.


Das Gesicht oder die Stimme eines geliebten Menschen hilft mir, mich wieder als Teil einer Gemeinschaft, als Teil eines Ganzen zu fühlen. Ein laut gesprochenes Gebet hilft mir, die Realität Gottes zu spüren -und seine Nähe zu mir. Auch wenn ich alte Briefe von Freunden lese oder in einem Album mit Familienfotos blättere, spüre ich die Liebe dieser Menschen und einen tiefen Frieden. Genauso schnell, wie die Angst in unser Leben treten kann, kann ein Zeichen der Liebe die Angst austreiben.


Auch in diesem Augenblick, während du diese Zeilen liest, kann die Angst von dir weichen - kann sie von dir genommen werden.


Glaube mir: Liebe treibt die Furcht aus.

#37 
regrem патриот03.08.18 19:12
NEW 03.08.18 19:12 
in Antwort regrem 03.08.18 18:45, Zuletzt geändert 09.08.18 10:22 (regrem)

Nimm die Chance wahr

Vor drei Jahren, als ich den Urologen sagen hörte: „Herb, es ist Krebs", begann es in meinem Gehirn wie wild zu arbeiten. Auf einmal dachte ich völlig neue Gedanken. Innerhalb von wenigen Tagen fing ich an, Menschen und Dinge mit ganz anderen Augen zu sehen. In der Klinik entdeckte ich einen Handzettel, der diese Erfahrung mit folgenden Worten beschrieb: „Krankheit kann die Chance Ihres Lebens sein. Treffen Sie jetzt Ihre besten Entscheidungen!"


Du sagst, dass du auf einmal Dinge tust, die du nie zuvor getan hast. Dein Leben folgt einem langsameren Rhythmus; du hast Zeit, um genau hinzuschauen, nimmst mehr wahr als je zuvor. Du triffst gute Entscheidungen.


Das wünsche ich mir für dich und für mich: dass wir gute Entschei­dungen treffen, die Chance unseres Lebens nutzen. Die Zeit der Krank­heit ist unsere Zeit, um Neues auszuprobieren, Spannendes zu ent­decken und unsere Träume zu hegen. Mit dem Pinsel in der Hand stehe ich vor meiner Staffelei, die ich vor zehn Jahren zu Weihnachten ge­schenkt bekam. Ich schreibe Lieder, die ich schon immer schreiben wollte.


Wir erleben eine Zeit der Heilung und der Entdeckungen. Jetzt haben wir die Chance, offener zu sein, zu fragen und zuzuhören. Jetzt ist die Zeit der Gemeinschaft mit Gott: im Danken, im Nachdenken, im Fragen und Hören. In unseren Gesprächen spüre ich, dass du von einem Geist der Sanftmut erfüllt bist. Sanftmut ist eine Gabe, ein Geschenk Gottes. Die Zeit der Genesung ist geschenkte Zeit.


Während meiner jahrelangen Tätigkeit als Krankenhausseelsorger machte ich die Erfahrung, dass Menschen in Zeiten der Krankheit da­rüber nachdenken und sprechen wollen, was im Leben wirklich zählt. Familie und Freunde, die eigene Gesundheit und Entwicklung, Hoffnung, das Leben, die Liebe - all dies bekommt in Krisenzeiten einen neuen Stellenwert. Kranke haben oft erstaunliche geistliche Einblicke, die wir Theologen uns durch jahrelanges Studium erarbeiten müssen. Krank­heit ist eine Zeit, in der wir Gott nah sein können wie nie zuvor.


Während oder nach einer schweren Krankheit fühlte ich mich stets enger mit meiner Familie verbunden. Dies ist unsere Chance, zu erleben, wie stark Familienbande sind und wie tragfähig unsere Liebe zueinander sein kann. Es ist eine Zeit für gemeinsame Ausflüge, um ausgelassen zu scherzen und zu lachen - und neu zu lernen, wie wir uns gegenseitig helfen und stützen können. Nutzen wir die Zeit der Krankheit als Chance, um Neues zu entdecken! Dann kann sie eine Zeit des großen persönlichen Wachstums für uns sein.


Dein Garten steht in voller Blüte. Er hat Sonne und Regen getrun­ken. Jede Pflanze streckt sich dem Himmel entgegen, um zu werden, wozu der Schöpfer sie bestimmt hat. Blumen können uns zeigen, wie man eine Chance ergreift. Sie wachsen immer weiter zum Licht.


Setze dein Vertrauen auf Gott.

#38 
regrem патриот03.08.18 19:12
NEW 03.08.18 19:12 
in Antwort regrem 03.08.18 18:45, Zuletzt geändert 09.08.18 10:24 (regrem)

Ein Segen für dich

Heute möchte ich dich mit einem alten polnischen Segensgebet grüßen. Es beginnt folgendermaßen:


Möge das Land unter deinen Füßen

fruchtbar sein.

Mögen deine Tage so leicht sein

wie der Tau, den die Sonne küsst.

Mögest du allen, die heute deinen Weg kreuzen,

mit offenen Händen begegnen.


Inspiriert durch diese Worte, schrieb ich ein Segensgebet für dich:


Möge diese Nacht dich sanft einhüllen

wie eine dunkelviolette Daunendecke

mit dem kuss der Morgenröte.


Die Nacht und der Morgen sind wie Vater und Mutter. Von Anfang an haben sie dich in den Schlaf gewiegt und wieder geweckt, schon als neugeborenes Kind. Mein Segen für dich geht weiter:


Möge der Geist Gottes

dich wie ein Wind von Osten nach Westen

durchwehen und reinigen

und dich wie ein Fluss

durchströmen von Kopf bis Fuß.


Der Geist oder Atem Gottes ist dein Ursprung. Es gibt einen Geist, den alle Menschen atmen können. Gottes Geist ist unser Leben.


Mögen die Cherubim für dich singen,

wenn sich dein Herz nach einem Lied sehnt.

Mögen die Seraphim für dich sorgen

und dir Speise bringen, die dich stärkt und heilt.


Es gibt sie, die Engel, die Boten der Segnungen Gottes. Engel singen. Auch du kannst singen. Die Musik ist dir zum Segen geworden.


Gott segne dich.

#39 
regrem патриот03.08.18 19:12
NEW 03.08.18 19:12 
in Antwort regrem 03.08.18 18:45, Zuletzt geändert 09.08.18 10:26 (regrem)

Spielen im Dunkeln

ICH SCHRIEB DIR EINMAL, dass die Nacht ein Freund sein kann. Auch die heutige Nacht ist für mich ein Freund. Ich denke daran, wie dunkel die Nächte in meiner Kindheit auf dem Lande waren. Ich mochte unsere helle Lampe im Hof, die hoch oben an einem Pfosten hing. Wenn wir Besuch hatten und spät abends noch draußen spielen durften, machten wir Kinder uns einen Spaß daraus, aus dem Schein der Lampe in die Dunkelheit und wieder zurück ins Licht zu laufen.


Ich denke noch oft an dieses Spiel in der Dunkelheit. Hast du ähn­liche Erinnerungen aus deinen Kindertagen? Weißt du noch, wie es war, sich im Dunkeln zu verstecken, sich beim Fangen-Spielen ins sichere „Aus" zu retten oder mitten im Lauf ins Licht gefangen zu werden? Weißt du noch?


Heute Nacht liege ich im Dunkel meines Zimmers. Ich halte die Augen geschlossen, will die Dunkelheit auskosten. Hinter geschlossenen Lidern sehe ich einen Sternenhimmel, wie ich ihn seit Jahren nicht mehr erlebt habe. In Gedanken befinde ich mich mit einem geliebten Menschen auf einem Spaziergang im Mondlicht. Seit zwanzig Jahren bin ich nicht mehr bei Vollmond spazieren gegangen.


Oft lag ich nachts unfreiwillig wach. In der Dunkelheit sah ich Men­schen aus meiner Umgebung zur Arbeit gehen oder von der Arbeit heimkehren. Heute Nacht ist die Nacht mein Freund.


Ist dir die Nacht vertraut? Kennst du den Zauber des nächtlichen Himmels oder das Meer bei Nacht, den Ruf eines Seetauchers auf einem nächtlichen See oder Blumen und Vögel in der Nacht? Ich hatte einmal eine Katze und wünschte mir manchmal, sie würde mich auf ihre nächtlichen Streifzüge mitnehmen. Als ich gestern Nacht eine Eule rufen hörte, wünschte ich, ich könnte neben ihr sitzen, die Welt mit ihren Eulenaugen sehen und für einen Augenblick in ihre Haut schlüpfen.


Was macht dein Garten bei Nacht? Bleiben die Blüten geöffnet oder schließen sie sich? Was geschieht mit einem Blatt, wenn der Tau es sanft im Dunkeln benetzt? Hast du schon einmal länger als eine Stunde beob­achten können, welche Bahnen die Sterne am nächtlichen Himmel ziehen?


Ich schreibe dir diesen Brief in der Nacht. Ich weiß, dass du manch­mal nachts wach liegst, wenn sich der Schlaf nicht einstellen will. So fühle ich mich dir nahe in dieser Nacht. Wenn wir unsere Augen schlie­ßen, können wir gemeinsam unter dem Sternenhimmel spazieren gehen. Gott hat uns das Wunder der Fantasie geschenkt. Wie gut, dass wir in der Dunkelheit spielen und sie lieben lernen konnten, als wir noch Kinder waren. Wenn du willst, schreibe mir mal einen Brief in der Nacht.


Vielleicht hast du im Krankenhaus schon erlebt, wie sich der Zustand eines Patienten über Nacht gebessert hat. Ja, auch Heilung geschieht in der Dunkelheit.


Ich wünsche dir schöne Träume in dieser Nacht.

#40 
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